Ich nehme meinen Wecker vom Nachttisch und platziere ihn neben meinen Balkonpflanzen. Mein erstes 8-Stunden-Abenteuer beginnt und darf tatsächlich nicht länger dauern, weil morgen Montag ist und damit eine neue Arbeitswoche beginnt. Von Sonntagabend auf Montagmorgen etwas erleben? Klar! Mir gefällt der Gedanke, eine kleine Auszeit zu nehmen.
Aufbau des romantischen Nachtlagers
Der CD-Player in meiner Küche spielt harmonische Klänge des Magdeburger Ensembles „Les Soleils“. Ein Schluck vollmundigen Rotweins erkundet die Geschmacksknospen auf meiner Zunge, während meine Isomatte sich langsam mit Luft füllt. Ein paar Wischbewegungen auf dem iPad später, ist mein Abendessen – eine Riesenlachspizza – bestellt. Ich packe mehrere Wolldecken auf meine orangefarbene Matratze, stelle Kerzen auf, hole mir ein Buch und lege die letzten Lücken mit Kissen aus. Es ist ungefähr halb acht, die Vögel zwitschern noch fleißig und ein leichter Wind erfrischt den warmen Sommerabend.
Was tun gegen die Spinnen?
Hoffentlich bläst der Wind keine Spinnen herbei. Obwohl ich eine Naturfreundin bin und mich als leidenschaftliche Zeltschläferin bezeichne, so leide ich trotzdem an einer mittelschweren Phobie. Dass die schwarzen Achtbeiner Balkone mögen, ist wohl kein Geheimnis. Gedanklich lege ich mir einen Notfallplan zurecht: Brille abnehmen und schnell an etwas anderes denken – das hat schon oft funktioniert. Ich finde es nur fair, dass eine Sehbehinderung auch Vorteile mit sich bringt …
Das zweite Glas Rotwein ist eingegossen
Der aromatische Duft meiner Käsestangen wechselt sich mit den sanften Thymiangerüchen aus meinem Kräutergarten ab. Meine städtische Outdoor-Kuschel-Oase ist fertig und ich vertreibe mir die Zeit bis zur Pizzalieferung mit einem guten Roman. Langsam beginnt es zu dämmern und der Schein der Kerzen hüllt meinen Balkon in romantisches Licht. Die Pizza wird geliefert, das zweite Glas Rotwein ist eingegossen, eine neue CD gestartet. Die Musik spielt leiser als die Vögeln singen können und mit der Dämmerung, die bald vollständig in die Nacht übergegangen ist, leuchten meine Kerzen noch intensiver.
Wie der Regen auf das Dach prasselt …
Gegen 22 Uhr beginnt es leicht zu regnen. Aufmerksam lausche ich dem Geräusch der Tropfen, die zart auf die Plastiküberdachung prasseln. Sie tanzen nicht lange, aber lange genug, um wohlig duftende Nachtluft zu hinterlassen. Ich schlüpfe in meinen dünnen Sommerschlafsack und erfreue mich an den vielen Annehmlichkeiten, die das Freiluftschlafen auf dem wohnungseigenen Balkon so mit sich bringt: Wenn der Boden zu hart erscheint, hole ich mir noch mehr Decken. Wenn es kalt wird, bereite ich mir eine Wärmflasche. Wenn ich Hunger verspüre, plündere ich den Kühlschrank – so einfach ist all das in der Wildnis nicht. Werde ich womöglich noch zur Balkonurlauberin? Fahre ich nie wieder in die Natur und in ferne Länder? Werde ich zur passionierten Stadtschläferin? Nein! Echte Reiseabenteuer wird es auch zukünftig geben, aber wenn ich einmal wieder eine Auszeit vom Alltag brauche, werde ich einfach auf meinen Balkon umziehen. Es beginnt erneut zu regnen, meine Küchenuhr tickt. Ich puste die Kerze an meinem Kopfende aus und falle in einen tiefen Schlaf.
Der Morgen danach
Am nächsten Morgen wecken mich warme Sonnenstrahlen – noch bevor der Wecker seinen Auftritt hat. Eine halbe Stunde später sitze ich an meinem Schreibtisch – mit leicht verspanntem Nacken, aber auch mit einer ordentlichen Portion Frischluft im Gehirn. So kann die Woche beginnen …
Mady Host, Autorin und Journalistin
Ich bin nicht reich, leider? Nein! Ich antworte: Zum Glück! Warum? Meine Leidenschaft für das Reisen lebe ich seit einigen Jahren besonders intensiv aus und mein Geldbeutel war nie besonders üppig gefüllt.
Land für Land mache ich meine Träume wahr und dabei kommt für mich nur eine Reiseform in Frage: Zu Fuß, mit öffentlichen Verkehrsmitteln, per Anhalter und immer mit Rucksack sowie Campingausrüstung auf dem Rücken. Das ist finanzierbar und unglaublich aufregend. So zu reisen, öffnet den Blick, macht weltoffen und berührt das Herz. Als Reisende mit einem gewissen Sinne für (amüsante) Abenteuer, macht es außerdem noch Spaß. Und wie!
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